photo: tobacco machine @ tabacalera madrid / spain © michael höfig.

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25 October 2009

Neue Wege im Marketing für Deutsch

Goethe-Institut New York, August 2009

Interview mit Michael Höfig, Projektleiter von Todo Alemán, dem neuen Webportal des Goethe-Instituts New York

Michael Höfig ist der Projektleiter und das Mastermind von Todo Alemán, der neuen interaktiven, interkulturellen und trilingualen Online- Jugendplattform des Goethe-Instituts. Er gehört zum Goethe-Team in New York, betreut aber als Fachberater für Bildungskooperation mit Sitz in Atlanta / Georgia Deutschlehrer in zwölf amerikanischen Südstaaten.

Michael Höfig ist Lehrer, Projektkünstler, Kulturmanager und interkultureller Mittler, Journalist, Theatermann und Fußballtrainer mit Lizenz und Leidenschaft. Seine Arbeit führte ihn durch drei Kontinente, Europa, Asien,Amerika. Vor allem Lateinamerika ist ihm zur Heimat geworden, und auch deshalb ist ihm Todo Alemán eine Herzensangelegenheit.

Wie ist die Idee von Todo Alemán entstanden?
Das Goethe-Institut bietet bislang kein eigenes Jugendportal in den Regionen USA, Kanada, Mexiko an. Außerdem wollen wir uns künftig stärker den Einwanderern lateinamerikanischer Herkunft in den USA widmen. Also haben wir uns überlegt: Wir machen ein Portal in den Sprachen Deutsch, Spanisch und Englisch, das sowohl Highschool- als auch College-Studenten anspricht.

Was ist das Ziel von Todo Alemán?
Wir wollen die Zahl der jugendlichen Deutschlerner in den USA durch ein attraktives Angebot mindestens halten und möglichst steigern. Und zwar im Kontext des Projekts „Sprachen ohne Grenzen“ ...

Das heißt?
... dass Deutsch in den USA in Zukunft nicht mehr als Zweitsprache in Konkurrenz beispielsweise zu Spanisch beworben wird, sondern im Kontext der Mehrsprachigkeit. Wir sagen also nicht mehr: Deutsch sei die ideale Zweitsprache, sondern: In dieser globalen Welt ist es gut, viele Sprachen zu lernen, und die wichtigste europäische Sprache ist nun einmal Deutsch. Schließlich ist Deutschland die größte Wirtschaftmacht in Europa und die wichtigste Exportnation der Welt.

Was bietet Todo Alemán, was andere Sprach- und Kulturprojekte nicht bieten?
Das wirklich Neue ist die Idee, kreative Elemente, die zum Mitmachen und Kennenlernen der deutschen Kultur und Sprache anregen, mit einer sozialen Plattform zu verbinden. Bei Todo Alemán heißt das „My Club“, eine Online-Community, in der Schüler miteinander kommunizieren. Es gibt eine Verzahnung zwischen den eigenen Seiten der Schüler und dem redaktionellen Teil von Todo Alemán. Der Unterschied zu den kommerziellen sozialen Netzwerken ist, dass wir als Goethe-Institut inhaltliche Impulse in Form kreativer Projektideen geben.

Markiert Todo Alemán also einen Paradigmenwechsel für den Deutschunterricht in den USA?
Die Chance dazu besteht sicherlich. Als Fachberater für das Goethe-Institut bin ich ja auch in der Lehrerfortbildung tätig. Und da setzen wir ganz konsequent auf handlungsorientierte Konzepte. Wir zeigen den Lehrern, wie sie den Deutschunterricht so ansprechend, modern und interaktiv gestalten, dass auch die nächste Schülergeneration Deutsch als Fremdsprache wählt, eben weil bekannt ist: In den Deutschklassen ist was los. Das ist ein bisschen auch unser Kalkül.

Dabei soll Todo Alemán mehr als nur unverbindlicher Anstoß und Fun-Faktor sein, sondern wirklich auch eine neue Lernphilosophie aufzeigen, einen interaktiven, flexiblen, umfassenden Ansatz. Schließlich haben wir es mit der Web-2.0-Generation zu tun; und da ist es wichtig, dass wir die Jugendlichen in dem Medium ansprechen, in dem sie sich wohlfühlen und sicher bewegen. Todo Alemán ist also mehr als nur ein Goethe-Projekt im Facebook-Gewand; das Besondere ist die Verzahnung zwischen Projektimpulsen und vernetzter Kommunikation.

Fußball spielt eine wichtige Rolle bei Todo Alemán. Warum?
Ganz einfach: Fußball ist die Weltsprache Nummer eins. Fußball hat sich immer mehr zu einem Medium entwickelt, das die Welt verbindet. Wenn wir das Thema Fußball zu einem zentralen Element auf Todo Alemán machen, dann hat das hoffentlich einen ähnlichen verbindenden Effekt in der digitalen wie in der wirklichen Welt. Dabei geht es um mehr als nur den Sport; wir erzählen Geschichten rund um den Fußball, Geschichten von Menschen und Kulturen.

Verspricht sich Todo Alemán Rückenwind durch die Fußball-WM 2010 in Südafrika?
Ja, sicher. Wir haben ja gleich zwei Großereignisse in naher Zukunft: die Fußballweltmeisterschaft in Südafrika im nächsten Jahr und die Frauenfußball-WM in Deutschland 2011. Wir sind mit dem Thema Fußball also ganz gut aufgestellt.

Todo Alemán ist ja auch ein Integrationsmedium, soll sowohl Schüler lateinamerikanischer als auch anglo-amerikanischer Herkunft ansprechen. Steht „Soccer“, der Fußball europäischen Stils, bei anglo-amerikanischen Jugendlichen nicht arg im Schatten von American Football?
Nicht unbedingt. Vor kurzem stand die amerikanische Fußball-Nationalmannschaft im Endspiel des Confederations Cup, das war der erste große internationale Erfolg des amerikanischen Fußballs. Außerdem ist Frauen-Fußball extrem populär, die amerikanischen Fußballfrauen sind Weltmeister und Olympiasieger. Das Soccer-Vergnügen nimmt in den USA stetig zu, vor allem bei Jugendlichen, also genau bei unserer Zielgruppe - nicht zuletzt, weil die lateinamerikanischen Migranten die Begeisterung für den Sport in die Vereinigten Staaten mitgebracht haben. Im übrigen ist Todo Alemán ja aber keine reine Fußballseite; es gibt auch viele andere Elemente der Jugendkultur: Theater, Musik, Schüleraustausch...
Und wie geht es weiter mit Todo Alemán?
Es hat mich überrascht, dass sich Menschen aus Argentinien, Kolumbien, Indien, aus allen Teilen der Welt bei Todo Alemán schon eingeloggt haben zu einem Zeitpunkt, da die Seite noch gar nicht offiziell am Start war. Und deshalb bin ich zuversichtlich, dass Todo Alemán sich sehr schnell von einem nordamerikanischen Regionalprojekt zu einer globalen Plattform entwickeln kann.

Goethe-Institut, 2009